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Vorurteile über Automatisierung auf den Prüfstand gestellt

Automatisierung ist teuer, lohnt sich nur für große Unternehmen und schafft Abhängigkeiten von bestimmten Herstellern – das sind zumindest Vorurteile, die sich hartnäckig halten und denen auch wir von KION immer wieder begegnen. Hier verraten zwei unserer größten Automatisierungs-Experten, welche Gerüchte stimmen und welche Mythen ins Fabelreich gehören.

2024-06-05

Im ersten Teil unseres Artikels haben Gunter Van Deun und Frank Heptner – zwei der größten Experten für das Thema Automatisierung bei der KION Group – schon mit fünf weit verbreiteten Mythen aufgeräumt und zum Beispiel erklärt, warum Reparatur und Wartung hochkomplexer automatisierter Anlagen längst nicht so aufwändig und kostspielig ist, wie man gemeinhin erwarten würde. Hier folgt nun der zweite Teil über typische Ängste in der Automatisierung: Welche Befürchtung ist wahr, was ist einfach unbegründet?

Angst Nummer 6: Automatisierung ist teuer!

Es ist die wahrscheinlich häufigste Befürchtung, die man in Verbindung mit Automatisierungsprojekten zu hören bekommt: Das ist doch alles viel zu teuer! Allein für die Planung braucht man schließlich schon viele Stunden Zeit und viele Spezialisten. Und die Anschaffung vollautomatischer Anlagen gibt’s ganz bestimmt auch nicht zum Schnäppchenpreis – oder? Unsere KION Experten sagen: Man muss die Gesamtkosten betrachten.

„Diese Angst ist teilweise berechtigt“, gibt unser Automatisierungsexperte Frank Heptner zu: „Am Anfang eines Automatisierungsprojekts steht immer erst mal ein größeres Investment.“ Dabei lohne sich das Investment in eine gute Projektplanung – denn mit guter Planung mache sich die Anschaffung im laufenden Betrieb schnell bezahlt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Automatisierung bedeutet nämlich deutliche Steigerungen bei der Produktivität, Qualität und Effizienz. Die vermeintlich hohen Initialkosten führen daher schnell zum „Return on Invest“.

Zudem müssen Unternehmen die Anschaffungskosten inzwischen längst nicht mehr sofort und auf einmal stemmen. „Es gibt auch Leasingmodelle, bei denen die Investitionskosten über mehrere Jahre umgelegt werden“, sagt Frank Heptner. Damit lassen sich Automatisierungsprojekte für die allermeisten Firmen gut finanzieren.

Angst Nummer 7: Automatisierung eignet sich nur für große Unternehmen

Bei automatisierten Lagern denken die meisten Menschen sofort an Global Player, die täglich viele Millionen Produkte transportieren, ein- und auslagern und versandfertig machen müssen. Dass sich die Automatisierung für Versandhäuser, Möbelhersteller oder Getränkeproduzenten lohnt, glaubt jeder sofort. Aber was ist mit kleinen und mittelständischen Unternehmen? Für die lohnt es sich weiterhin, auf manuelle Abläufe zu setzen – oder?

„Ich bin völlig anderer Meinung“, sagt Gunter Van Deun. Zwar habe man in den vergangenen Jahren den Fokus tatsächlich oft auf große Unternehmen gelegt, so der Automatisierungsexperte von KION. Doch inzwischen sei das anders: „Wenn es bei einem kleinen Unternehmen Aufgaben zu erledigen gibt, die sich ständig wiederholen, lohnt sich Automatisierung auch hier “, sagt Van Deun.

Technisch sei die Umsetzung von kleinen Automatisierungsprojekten inzwischen immer einfacher, so Van Deun. Für einen optimalen Return on Invest müsse man aber die tägliche Betriebsdauer in Betracht ziehen. „Unsere Anlagen sind darauf ausgelegt, 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche zu laufen“, erläutert der Experte. Für einen Ein-Schicht-Betrieb werde es daher eine ganze Weile dauern, bis sich die Entscheidung zur Automatisierung auch finanziell positiv auswirke.

Angst Nummer 8: Mit Automatisierung verliert man Flexibilität

In manuell betriebenen Lagern herrscht mitunter kreatives Chaos: Jeder fährt, wie er will – zumindest dann, wenn kein Staplerleitsystem im Einsatz ist. Dabei geht zwar manchmal Ware verloren bzw. muss gesucht werden, wenn sie woanders abgestellt wurde als eigentlich vorgesehen. Aber es gibt auch unbestreitbare Vorteile: Man kann schnell und flexibel entscheiden, ob man eine Palette in dieser Halle oder doch lieber in einer anderen Halle abstellen möchte. Diese Flexibilität geht durch Automatisierung komplett verloren – würde man zumindest erwarten. Stimmt das?

„Ja, das ist teilweise richtig“, sagt unser Automatisierungsexperte Frank Heptner. Tatsächlich sind automatisierte Anlagen weniger flexibel. Die Abläufe sind vorbestimmt und laufen exakt gleich ab – sofern sie nicht anders programmiert werden. Aus der Sicht des Experten macht die Automatisierung diesen vermeintlichen Nachteil aber durch viele Vorteile wett: Im automatisierten Lager geht nämlich nie etwas verloren, es herrscht perfekte Ordnung und das Unternehmen weiß jederzeit exakt, welche Waren an genau welcher Stelle gelagert sind.

„Da wir die Workflows in enger Abstimmung mit unseren Kunden planen, entspricht jedes Automatisierungsprojekt genau den Bedürfnissen und Gegebenheiten vor Ort“, sagt Experte Frank Heptner. Anpassungen ließen sich auch später leicht vornehmen – zum Beispiel dann, wenn ein Unternehmen wachse und der Durchsatz einer Anlage erhöht werden solle. In dieser Hinsicht seien Automatisierungsprojekte eben doch sehr flexibel.

Angst Nummer 9: Durch Automatisierung macht man sich abhängig vom Hersteller

Bei Automatisierungsprojekten arbeiten Auftraggeber und Hersteller in der Regel langfristig zusammen, teilweise sogar über mehrere Jahrzehnte. Dadurch ist man dem Anbieter auf Gedeih und Verderb ausgeliefert – so lautet zumindest eine gängige Annahme. Stimmt das wirklich?

Ja, gibt unser Experte Gunter Van Deun zu: „Man entscheidet sich für eine bestimmte Technologie und arbeitet dann mit dem Anbieter dieser Technologie zusammen.“ Für Installation, Reparatur, Wartung und Anpassung brauche es Spezialwissen, über das in der Regel tatsächlich nur die Mitarbeiter des Anbieters verfügen. „Ich betrachte das aber nicht als Abhängigkeit, sondern als Partnerschaft“, so Van Deun weiter: Man entwickle Lösungen gemeinsam, passe sie bei Bedarf an Veränderungen an und arbeite in der Regel sehr vertrauensvoll zusammen.

Das Gespräch fand in Antwerpen statt

Viel Licht, viel Holz, viele Treppen – und fast keine Wände: So sieht es im Bürogebäude von KION im belgischen Antwerpen aus. In einem riesigen Großraumbüro, das sich über mehrere Etagen erstreckt, arbeiten Experten aus vielen verschiedenen Ländern an ihren Computern oder sitzen zusammen mit Kollegen in einer der vielen Besprechungsnischen. Hier ist eine der wichtigen Schaltzentralen insbesondere für mobile Automatisierungslösungen der KION Group und ihrer Marken Linde Material Handling, Dematic und STILL. Hier trafen wir Gunter Van Deun und Frank Heptner zum Gespräch - hier gibt es die Vollversion.

Angst Nummer 10: Durch Automatisierung verliert man die Kontrolle übers Lager

Im manuellen Lager kann man als Mensch überall hinschauen und den Inhalt jeder Kiste kennen. Wenn aber ein Computer die Entscheidungen trifft und die Waren in 40 Meter Höhe eingelagert werden – dann verliert man als Mensch den Überblick und die Kontrolle. So lautet zumindest ein gängiges Klischee über Automatisierung. Stimmt das? Nein, sagt unser KION Experte Frank Heptner.

„Das Gegenteil ist wahr“, sagt Heptner: „Nur die Automatisierung verschafft einem Unternehmen die Möglichkeit, den kompletten Überblick und die volle Transparenz über die Abläufe in einem Lager zu haben.“ Denn das System wisse jederzeit ganz genau, wo sich eine bestimmte Palette gerade befindet. Als Betreiber hat man daher jederzeit die Kontrolle – dank Softwaresteuerung sogar aus der Ferne via Smartphone, Tablet oder Laptop.

Die Angst, durch Automatisierung die Kontrolle zu verlieren, ist also völlig unbegründet. Insgesamt haben wir in diesem und einem vorigen Artikel zehn Behauptungen und Vorurteile über die Automatisierung in der Intralogistik unter die Lupe genommen. Unsere KION Experten Gunter Van Deun und Frank Heptner konnten mit ihren Erklärungen und Begründungen belegen: Viele weit verbreitete Befürchtungen sind übertrieben oder unwahr. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen und eigene (Vor)urteile zu hinterfragen – nicht nur, aber gerade auch dann, wenn es um Automatisierung geht.