Autonomes Fahren ist nicht nur in der Automobilindustrie der Heilige Gral des Fortschritts. Auch im Warenlager und in Produktionsumgebungen wird die Idee, Transportfahrzeuge ohne menschlichen Bediener fahren zu lassen, bereits seit den 1950er Jahren verfolgt – und erfolgreich umgesetzt. Während die Navigation damals noch ausschließlich über fest installierte Leitlinien funktionierte, haben die Raster-, Laser- und Konturnavigation mittels fortschrittlicher Sensorik den Freiheitsgrad der Fahrzeuge mittlerweile erheblich erhöht. Dennoch fehlen entscheidende Fähigkeiten, damit sich die Fahrzeuge wirklich frei im Raum bewegen und Hindernisse erkennen können – ohne das Zutun von Menschen und vor allem ohne Kollisionen. Wie dies in Zukunft im Rahmen einer Smart Factory und auch im Warenlager gelingen kann, ist Gegenstand mehrerer Forschungsinitiativen, an denen sich die KION Group maßgeblich beteiligt.
IMOCO4.E: Mehr Intelligenz für autonome Transportfahrzeuge
Teil-autonome Fahrzeuge werden bereits heute in vielen Produktionsumgebungen eingesetzt. Zwar ist es technischer Standard, dass ein Fahrzeug ein statisches Hindernis erkennen kann und bremst. Vollständig autonomes Fahren ist bislang aber noch eine Zukunftsvision. Hier setzt das kürzlich gestartete Projekt „IMOCO under Industry4.E“ (Kurzform für „Intelligent Motion Control") an, in das die KION Tochtermarke STILL maßgeblich involviert ist: Intelligente Transportfahrzeuge sollen mit Hilfe von KI und moderner Sensorik und Kommunikation befähigt werden, sich in einer Produktionshalle oder einem Lagerhaus komplett selbstständig zu bewegen, Hindernisse zu umfahren und intelligent ihren Weg zu suchen. Unterstützt wird IMOCO sowohl vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als auch von der Europäischen Union durch den Forschungsinkubator ECSEL (Electronic Components and Systems for European Leadership); zu den Projektpartnern gehört unter anderem das Fraunhofer IML.
Die technischen Herausforderungen sind hoch: Das Fahrzeug muss erstens in der Lage sein, seine Umgebung durch unterschiedlichste Sensorik (Kameras, Laserscanner und Radar) wahrzunehmen. Dies gilt nicht nur für räumliche Objekte wie Regale, sondern auch für Schilder, Markierungen und Anzeigen. Im zweiten Schritt soll das Fahrzeug das Wahrgenommene verstehen und lernen, Objekte zu klassifizieren: Sind sie statisch (wie Regale), beweglich (wie Paletten) oder sogar dynamisch (wie andere Fahrzeuge und Menschen)? Die Fähigkeiten zur Eigenlokalisierung (Wo bin ich?) werden erweitert und ein Verständnis über die zugewiesenen Aufgaben (Was soll ich tun?) hinzugefügt. Im letzten Schritt soll das Fahrzeug seine Aufgaben eigenständig lösen: die autonome Navigation zum Zielort, die Lasterkennung und -handhabung, das Fahren durch das Lager einschließlich maschineller Entscheidungsfindungen, wie das Ausweichen vor Hindernissen und das Finden eines logischen Platzes zum Absetzen einer Palette. Das sind typische Prozesse, die zukünftig von autonomen Transportflotten übernommen werden können.