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CampusOS – 5G-Campusnetze sollen die Smart Factory Wirklichkeit werden lassen

Die digitale Transformation bietet der Intralogistik riesige Chancen, stellt sie aber auch vor Herausforderungen. Fahrzeuge, Produkte, Maschinen und Menschen sollen künftig noch stärker vernetzt sein und in Echtzeit miteinander kommunizieren. Das Ziel: geringe Latenzzeiten, hohe Datenraten und ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit. Die aktuelle Lösung: 5G. Als Mitglied des Forschungsprojekts CampusOS möchte die KION Group diese Entwicklung entscheidend vorantreiben und den Weg für die Smart Factory ebnen.

2023-03-15

Die Industrie 4.0 verändert nicht nur die Märkte und Kundenerwartungen, sondern stellt das gesamte Produktionsumfeld vor neue Herausforderungen. Aus konventionellen Fabriken soll die Fabrik der Zukunft, die Smart Factory, mit vernetzter, intelligenter und sich selbst optimierender Produktion werden. Für Hersteller bedeutet das, ihre Just-in-Time-Fertigung zu verbessern, agilere Produktionsstätten zu schaffen und Kommunikationslösungen für digitale Prozesse zu finden.

5G verspricht, diese Anforderungen zu erfüllen. 5G weist eine hohe Bandbreite auf, was die Stabilität und Leistungsfähigkeit der Verbindung verbessert. Daten können so in Echtzeit übertragen und in wesentlich größeren Mengen verarbeitet werden. Aber auch 5G entwickelt sich durch offene Ansätze kontinuierlich weiter und passt sich stärker an die Forderungen der Industrie an.

Diese Entwicklung ist für die KION Group von enormer Bedeutung. Mit 5G Campus Netzwerken können ganze Flotten fahrerloser Transportfahrzeuge (AGV’s) auf engstem Raum koordiniert werden. Auch kabellose Produktionsroboter können durch schnelle, drahtlose Kommunikation reibungslos mit Menschen zusammenarbeiten. „Wir möchten diesen Technologieschub aktiv begleiten und dabei Lösungsmöglichkeiten erkennen, mit denen sich der Markt schneller entwickeln kann, sodass auch wir davon profitieren“, sagt Ansgar Bergmann, Projektleiter Robotics & Data bei der KION Group und Vertreter des Unternehmens bei CampusOS.

Ansgar Bergmann ist der Vertreter der KION Group bei CampusOS. Er sagt: „Die KION Group bietet ihren Kunden integrierte Supply-Chain- und Material-Handling-Lösungen an. 5G ist ein fundamentaler Baustein dieses Ansatzes und soll das ganzheitliche Zusammenspiel aller Produkte und Lösungen im Warenlager vorantreiben“.

CampusOS – innovative Lösungen für 5G-Campusnetze

Dank seiner Robustheit und hohen Sendeleistung verspricht 5G, die digitale Transformation zu beschleunigen. Trotz der aussichtsreichen Perspektive ist die Nachfrage im Markt und auch bei Kunden der KION Group derzeit noch weitaus geringer als zunächst angenommen. Das Leitprojekt CampusOS möchte das ändern. Ziel ist es, den Aufbau von 5G-Campusnetzen zu fördern und durch die Entwicklung eines Bausteinkatalogs preisgünstigere Netze anzubieten.

Um das zu realisieren, betrachtet CampusOS so genannte Referenztestfelder. Relevante Szenarien aus Industrieprojekten, in denen 5G-Campusnetzwerke zum Einsatz kommen, werden analysiert und daraus Kernfunktionalitäten, technologische Bestandteile und Schnittstellen abgeleitet, die es schließlich für eine Installation und den Betrieb braucht. „Technologie ist ein Enabler. Aber was bedeutet das tatsächlich im täglichen Geschäft. Was sind die Gesamtbetriebskosten? Wie kann eine solche Anlage am Ende aussehen? Welche Elemente brauche ich wirklich? Das sind die Fragen, die wir uns stellen müssen“, erklärt Bergmann. Sind diese Elemente definiert, möchte CampusOS einen Katalog mit technischen Bausteinen und Werkzeugen bereitstellen, die es für die Realisierung spezialisierter Campusnetzwerke benötigt. Das soll den Zugang zur 5G-Technologie erleichtern, Installationskosten senken und die Nachfrage erhöhen.

Die KION Group wurde als Premium-User und Vorreiter in der Erforschung von 5G-Netzen in das Projekt aufgenommen. Der Intralogistik-Experte ist dort mit unterschiedlichen Applikationen vertreten und untersucht, wie optimierte Komponentenlösungen in 5G-Netzwerken aussehen könnten und wie zukunftsfähig die Technologien sind.

Das Leitprojekt CampusOS wird von den Fraunhofer-Instituten HHI und FOKUS koordiniert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Am KION Standort in Hamburg ist bereits ein 5G-Campusnetz im Einsatz. Ziel ist die Verbesserung innerbetrieblicher Transportvorgänge und die Erhöhung der Sicherheit in Lagerbereichen.

So funktioniert ein 5G-Campusnetzwerk

Bei einem 5G-Campusnetzwerk handelt es sich um ein lokal begrenztes Funknetz, das direkt am Standort installiert werden kann und das anders als WLAN auf Mobilfunktechnologie basiert. „Jeder hat WLAN zuhause und sieht das WLAN vom Nachbarn. Dann ärgert man sich darüber, dass der eigene Empfang dadurch deutlich schlechter wird. Genau diesen Nachteil hat man bei einem Campusnetz nicht. Denn man nutzt eine eigene dedizierte Frequenz im Bereich zwischen 3.7 und 3.8 Gigahertz, die nicht öffentlich genutzt werden dürfen. Dadurch erreichen wir eine störungsfreie Kommunikation, haben kein Ausfallrisiko und gleichzeitig sehr hohe Übertragungsgeschwindigkeiten“, schildert Bergmann.

Ein weiterer großer Vorteil von 5G-Campusnetzen: Sie können eine unbegrenzte Größe abdecken. Unternehmen müssen lediglich sicherstellen, dass genügend Basisstationen Antennen auf dem Gelände verteilt sind, über die sich die Endgeräte mit dem Funknetz verbinden können. Aus diesem Grund sind 5G-Campusnetze eine universelle Lösung für die Intralogistik, da die Größe des Warenlagers keine Rolle spielt. Das entscheidende Merkmal ist eine durchgängige Funkabdeckung, und zwar ohne Unterbrechungen beim Funkzellenwechsel auch über große Flächen hinweg, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich.

5G bei der KION Group im Einsatz

Im Februar 2022 ging das erste 5G-Campusnetz in Hamburg in Betrieb. Mittlerweile erprobt KION auch in Heusenstamm und in Aschaffenburg ein 5G-Netz. In Aschaffenburg gibt es die größte Flächenabdeckung mit 5G, da auch Außenbereiche mit eingeschlossen sind. An allen drei Standorten arbeitet KION mit dem hybriden Modell, d.h. die Kerntechnologie ist derzeit noch WLAN: Die ausgestatteten Teilbereiche, die schon über 5G vernetzt sind, sollen Erkenntnisse darüber geben, wann und wie komplett umgestellt werden kann.

Derzeit nutzt KION 5G vor allem für Forschungsaufgaben. Bergmann und seine Kolleginnen wie Kollegen möchten herausfinden, welche Technologien mit 5G noch besser funktionieren und in welchen Unternehmensbereichen eine 5G-Funkabdeckung möglich ist. Von dieser Expertise soll dann natürlich auch der Kunde profitieren. Die KION Group kann ihre Kunden mit unterschiedlichsten Anforderungsprofilen bedienen und in der Integration von 5G-Applikationen bestmöglich beraten.

Es gibt aber auch schon ganz konkrete Pläne: Bei der KION-Tochter Dematic wird 5G zukünftig auf den Baustellen im Aufbau und in der Inbetriebnahme der Anlagen unterstützend eingesetzt. In der Region APAC hat 5G bereits eine höhere Verbreitung und wird in verschiedenen Szenarien getestet. „Natürlich haben wir zunächst Netze aufgebaut, um die Technologie zu verstehen und die Produkte optimal an die Technologie anpassen zu können. Mittlerweile ist unsere ganz klare Wahrnehmung, dass wir noch mehr können. Mit 5G könnten wir eine stabilere Kommunikation mit höheren Datenraten erzeugen. Das ist einer Smart Factory absolut zuträglich“, erklärt Bergmann.

Auch im Supply-Chain-Bereich erforscht KION die Einsatzmöglichkeiten von 5G. Es geht darum, wie die zuverlässige Kommunikation der Multishuttle-Systeme in komplexen metallischen Strukturen, wie z.B. Regallagern, gewährleistet werden kann.

Zukunftsvision von einer Smart Factory

Die Smart Factory ist auf eine technologisch deutlich anspruchsvollere Kommunikationsinfrastruktur als bisher üblich angewiesen. Dazu muss sich 5G weiterentwickeln. „Die aktuellen Systeme sind vor allem auf den Download ausgelegt, wie es in typischen Mobilfunknetzen eben üblich ist. In einem industriellen Campusnetz geht es aber vor allem um den effizienten Upload der Daten, die die Produkte auf ihrem Weg durch das Lager erfassen und die in der Cloud gespeichert werden sollen“, weiß Bergmann aus Erfahrung. Um diese Weiterentwicklung voranzutreiben, steht er in engem Austausch mit dem Hersteller Ericsson. Denn für die neuen insbesondere auf Vision ausgerichteten Technologien müssen die Betreiber ihre lokalen Rechnerkapazitäten deutlich erhöhen, was auch zu neuen Herausforderungen an die 5G Netzhersteller führt.

Eine schnelle Umstellung auf 5G kann aber auch durch nicht private Modelle realisiert werden. Ein Beispiel ist ein 5G-Campusnetz, das über das Mobilfunknetz eines öffentlichen Betreibers betrieben wird. Diese Modelle ermöglichen es Unternehmen, 5G Schritt für Schritt in ihre Produktionsabläufe einzubauen, ohne direkt ein komplett eingeständiges Netz auf dem Gelände installieren zu müssen. Bereits jetzt bauen erste große Player am Markt neue Werke direkt als hybride Anlagen auf. So könnte auch der „Digitale Zwilling“ von Warenhäusern irgendwann Wirklichkeit werden – also das virtuelle Abbild der realen Lagerumgebung in Echtzeit, erfasst von Sensoren und Kameras an den Fahrzeugen. Der Experte Ansgar Bergmann ist sich sicher: „In zwei bis drei Jahren sind wir so weit, dass 5G integriert ist“ und bekräftigt: „Wir setzen ganz klar auf diese Technologie – für den Nutzen unserer Kunden.“