Trainingsdaten für die KI
„Daten sind sozusagen das neue Gold“, sagt Peter Krumbholz. Was genau damit gemeint ist? „Wer als Unternehmen die Sensorik beherrscht, kann darauf neuronale Netze und Künstliche Intelligenz trainieren. Je mehr Daten in je besserer Qualität zur Verfügung stehen, desto besser werden die Produkte und Lösungen für die Kunden – und das führt letztlich zu mehr Umsatz“, erläutert Krumbholz. In Forschungsprojekten wie dem 2021 begonnenen ARIBIC-Projekt des Softwareunternehmens LeddarTech, dem Karlsruhe Institute of Technology (KIT), dem STARS Lab der Uni Toronto und KION entstehen deshalb große Bilder- und Datenmengen, die die Trainingsgrundlage für neuronale Netze darstellen.
Konkret werden dem System beim sogenannten „Labeling“ unzählige Fotos eines Objektes gezeigt – aus verschiedenen Richtungen, Perspektiven sowie in unterschiedlichen Qualitätszuständen und Lichtverhältnissen. Das wird so lange wiederholt, bis das System das jeweilige Objekt selbst erkennen kann und zum Beispiel weiß: Das ist ein Gabelstapler. Oder: Das ist eine Palette. Diese Trainingsphase ist aufwendig – aber ein unumgänglicher Schlüssel zur autonomen Interaktion zwischen Mensch und Maschine.
Mehr als die Summe der Teile
Durch das Zusammenwirken von KI, Cloud-Technologie und Sensorik entsteht etwas Neues, das größer ist als die Summe der einzelnen Teile. Im Endeffekt soll das eines Tages zur sogenannten „Machine Vision“ führen. „Das würde bedeuten, dass die Technologie selbstständig Entscheidungen treffen kann“, erklärt Alexander Billiet von Dematic, fügt aber hinzu: „So weit sind wir im Moment noch nicht.“
Und trotzdem geht es aktuell schon um mehr als „nur“ um mehr Automatisierung – und um den feinen Unterschied zwischen „Automatisierung“ und „Autonomie“. „Unter automatisierten Prozessen versteht man in der Regel sich wiederholende Abläufe, die ohne selbstständige Anpassung ablaufen. Autonomie hingegen bezeichnet Systeme, die auf ihre Umwelt und deren Einflüsse reagieren“, erläutert Projektmanager Krumbholz. Aktuell dominieren im Lageralltag hybride Systeme, in denen sowohl automatisierte als auch autonome Lösungen zum Einsatz kommen.
Ein Beispiel dafür ist der iGO Neo, ein Kommissioniergerät der KION Tochter STILL. Das Fahrzeug agiert im Mischbetrieb weitgehend autonom, greift aber zur Einhaltung der Sicherheitsstandards auf Safety-zertifizierte Laserscanner zurück. Die europaweit gültige Maschinenrichtlinie und darauf aufbauende einschlägige Normen erfordern von FTS nämlich Sicherheitslevel, die KI-gestützte Bildverarbeitung bislang nicht erreicht.
Das hält die Konstrukteure und Ingenieure der KION Group indes nicht davon ab, Machine Vision in sicherheitszertifizierte Systeme zu integrieren und beide Systeme miteinander arbeiten zu lassen. Krumbholz: „Bestimmte FTS bewegen sich dank Machine Vision durch das Lager, während die zertifizierten Laserscanner in entscheidenden Momenten das letzte Wort haben und Kollisionen verhindern.“ Aus seiner Sicht dauere es nicht mehr lange, bis das geforderte Sicherheitslevel allein durch Machine Vision erreicht werde.