Alle Stories
4 min

Nachhaltige Antriebstechnik für mobile Maschinen

Kann man mit der Antriebstechnologie eines Elektro-Gabelstaplers eigentlich auch ein Go-Kart, eine Kehrmaschine oder eine Draisine betreiben? Klar kann man das. Wie gut es funktioniert, zeigt das „eMotion“-Konzept unserer KION Tochter Linde Material Handling. Inzwischen finden die Komponenten und Antriebselemente erfolgreich Anwendung etwa an Flughäfen, Bahnhöfen oder in der Landwirtschaft. Diese grenzüberschreitende Anwendung unterstreicht die Flexibilität und den Innovationsgeist der KION Group.

2024-05-15

Johanna Wachner

Der Kartfahrer im leuchtend roten Rennanzug, das Visier seines Helms heruntergeklappt, die Hand am Steuerrad, konzentriert sich ganz auf die Strecke, die vor ihm liegt. Das Kart fährt überraschend leise, aber die Beschleunigung raubt einem fast den Atem. Denn im Innern dieses Flitzers steckt nicht irgendein Elektromotor – sondern einer, der für extraviel Power sorgt: Der Antrieb wurde nämlich ursprünglich gar nicht für Go-Karts entwickelt, sondern für Elektro-Gabelstapler der Marke Linde Material Handling, um damit tonnenschwere Lasten viele Meter hochzuheben.

Den Kartantrieb hat das KION Tochterunternehmen Linde Material Handling in enger Zusammenarbeit mit CRG in Italien entwickelt. CRG ist in der Welt des Kartsports ein Synonym für Effizienz – genauso wie es KION in der Intralogistikwelt ist. Die auf den ersten Blick ungewöhnliche Kooperation der beiden Unternehmen ist Teil von Linde eMotion, einer Sparte, die sich darauf spezialisiert hat, modulare Komponenten aus der Staplertechnik in völlig neuen Kontexten zum Einsatz zu bringen.

Vorhandene Technologien anpassen

„Unser Ziel war es von Anfang an, die für Gabelstapler entwickelte elektrische Antriebstechnologie auch für externe Kunden zugänglich zu machen“, erinnert sich Leiter Wolfgang Klüpfel an die Entstehung von Linde eMotion im Jahr 2010. Damals gehörte seine Sparte noch als Vertriebsarm zu Linde Hydraulics. Nachdem Linde Hydraulics aus der Unternehmensgruppe herausgelöst und verkauft wurde, erfuhr eMotion im Jahr 2018 eine Neupositionierung als Bereich der Linde Material Handling GmbH unter Klüpfels Führung.

Die Mission von Linde eMotion ist es nicht, eigene Technologien zu erfinden, sondern vorhandene Antriebssysteme aus dem Gabelstaplerbereich – von Motoren und Invertern bis hin zu Steuerungen und Peripheriegeräten – anzupassen und für neue Einsatzgebiete zu optimieren. Dadurch und dank passgenauer Softwarelösungen hat Linde eMotion inzwischen ein breites Spektrum an Kunden aus dem Sektor der mobilen Maschinen erreicht. „Das umfasst insbesondere Maschinen für die Landwirtschaft, den Bau und kommunale Dienste“, so Klüpfel: „Dazu zählt zunehmend auch der Einsatz auf Flughäfen, wo unsere Komponenten eine wachsende Rolle spielen.“

Grüner Antrieb für Flughafenlogistik

Ein Beispiel für den Erfolg dieser Strategie ist der lebhafte Münchner Flughafen, ein Knotenpunkt, der jährlich über 400.000 Flugbewegungen und 350.000 Tonnen Fracht bewältigt. Hier ist der Cargo Master CML7 Green Line, ein elektronischer Containerlader von Laweco, seit 2011 im Einsatz, um Waren umweltfreundlich und effizient zu transportieren – ausgestattet mit Linde eMotion-Technologie. Im Gegensatz zu herkömmlichen Modellen produziert der Cargo Master keinerlei Emissionen und spart jährlich etwa 7.800 Liter Diesel ein.

Angetrieben von zwei 25-Kilowatt-Elektromotoren hebt der Containerlader Lasten von bis zu sieben Tonnen. Ein innovativer Vielfachhydraulikblock, entwickelt vom Industriedienstleister Eriks, ermöglicht fein abgestimmte Steuerungsoptionen. Dazu gehören das Heben, Positionieren und Drehen der Container, wobei ein besonderer Wert auf Energieeffizienz und Motorschonung gelegt wird.

Effizientes Rangieren dank Lithium-Ionen-Batterien

Auch in modernen Draisinen kann Gabelstaplertechnologie stecken. Die Schienenfahrzeuge haben fast nichts mit den romantischen Klischees aus Wildwest-Comics zu tun, sondern nehmen eine zentrale Position im Eisenbahnbetrieb ein. Insbesondere für das Rangieren von Triebwagen und Waggons sind Draisinen unverzichtbar.

In einer richtungsweisenden Partnerschaft hat sich der Zweiwege-Spezialist Zwiehoff für Linde eMotion entschieden, um die Rangierfahrzeuge ROTRAC E2 und E4 mit einem elektrischen Antrieb zu versehen. Die direkt aus der Staplertechnik von Linde Material Handling übernommene Technologie ermöglicht es den Fahrzeugen, sowohl auf Schienen als auch auf der Straße effizient zu operieren. Für ihren herausragenden technologischen, wirtschaftlichen und ökologischen Wert wurden die Draisinen mit dem Industriepreis 2013 ausgezeichnet.

Das erste Modell der Serie, der ROTRAC E2, ist in der Lage, Lasten von bis zu 250 Tonnen zu ziehen. Sein Nachfolger, der ROTRAC E4, kommt dank verbesserter Komponenten sogar auf bis zu 500 Tonnen. Beide Modelle arbeiten komplett emissionsfrei und bieten im Vergleich zu traditionellen Diesel-Rangierlokomotiven (die täglich bis zu 3,5 Tonnen Diesel verbrauchen) eine erhebliche Kraftstoffeinsparung. Die Deutsche Bahn nutzt die Fahrzeuge sowohl im alltäglichen Betrieb als auch in einem innovativen Pilotprojekt, das sich dem vollautomatisierten Rangieren widmet.

Forschungs – und Entwicklungsinnovationen bei eMotion

Der Erfolg von Linde eMotion basiert im wesentlichen auf der fortlaufenden Technologie- und Innovationsentwicklung innerhalb der gesamten KION Group. Durch die enge Kooperation mit dem CTO-Bereich (Central Technology Organisation) der Unternehmensgruppe hat Linde eMotion Zugang zu den neuesten Entwicklungen und Modulen, die dann gezielt für die spezifischen Bedürfnisse im Bereich der mobilen Maschinen maßgeschneidert werden. „Dank meiner Vernetzung mit allen CTO-Abteilungen kenne ich genau die Technologien, die zu einem bestimmten Zeitpunkt für eMotion-Anwendungen geeignet sind“, erläutert Klüpfel.

Zur Erweiterung des Portfolios planen Klüpfel und seine Kollegen, zusätzlich zu Lithium-Ionen-Batterien künftig auch Energiesysteme wie Brennstoffzellensysteme aufzunehmen. Diese fortschrittlichen Technologien sollen Kunden aus dem Bereich der mobilen Maschinen den Übergang zu umweltfreundlicheren Energielösungen erleichtern. Denn Linde eMotion hat nicht nur das Ziel, Branchenführer bei Leistung und Qualität zu sein – sondern auch in punkto ökologischer Nachhaltigkeit, wie zum Beispiel bei der Stadtreinigung demonstriert wird.

„Grüne“ Kommunen dank Linde eMotion

Kommunen stehen vor der Herausforderung, Straßen und Innenstädte nicht nur sauber zu halten, sondern diese Aufgabe auch effizient und idealerweise emissionsfrei zu bewerkstelligen. In einer fortschrittlichen Zusammenarbeit hat Val'Air, ein französischer Spezialist für Kehrtechnik, gemeinsam mit Linde eMotion eine elektrische Kehrmaschine entwickelt.

Die Integration der robusten Staplertechnologie in das Design gelang innerhalb von nur drei Monaten, woraus vier unterschiedliche Modelle resultierten. Die Fahrzeuge bestechen durch kompakte Bauweise, Wendigkeit und Flexibilität, was sie besonders geeignet für den Einsatz in dicht bebauten städtischen und industriellen Gebieten macht.

Val'Air rüstete die ursprünglich mit kleinen Verbrennungsmotoren ausgestatteten Fahrzeuge in der Serienproduktion auf Elektromotoren um. Dies ermöglicht den Maschinen eine Betriebsgeschwindigkeit von bis zu 30 km/h, die für Kehroperationen auf 10 km/h reduziert wird. Die eingesetzte Antriebstechnologie, einschließlich eines elektrischen Asynchronmotors sowie fortschrittlicher Steuerungssysteme, stammt direkt aus der Serienfertigung der Linde-Gabelstapler. Die Technologie gewährleistet eine emissionsarme und effiziente Reinigungsleistung.

Elektrische Antriebstechnologie der KION Group

Linde eMotion spielt also eine entscheidende Rolle in der Transformation mobiler Maschinen. Durch den Einsatz fortschrittlicher Antriebstechnologien und die stetige Weiterentwicklung treibt Linde Material Handling die Elektrifizierung nicht nur bei den eigenen Fahrzeugen, sondern in ganz anderen Branchen und Einsatzgebieten voran. Damit leistet das KION Tochterunternehmen einen wesentlichen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und Effizienz in der Industrie.