Imitation Learning: Der Schlüssel zur Autonomie
Ein wesentlicher Bestandteil der autonomen Staplerentwicklung ist der Einsatz von Imitation Learning. Diese Methode ermöglicht es, die KI zu trainieren und das Verhalten eines erfahrenen Fahrers nachzuahmen. Sich wiederholende Aufgaben, die ein Stapler ausführt, eignen sich besonders gut für diese Lernmethode. „Repetitive Arbeitsabläufe, wie das Lasthandling in der Intralogistik mit Flurförderzeugen, sind ideal für die Lernmethode des Imitation Learnings geeignet,“ erklärt Mirko Schaper, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am ITA der Uni Hannover.
Ein weiterer Vorteil von Imitation Learning ist die Effizienz im Vergleich zu traditionellen Programmieransätzen: „Die manuelle, deterministische Programmierlösung für diese Fahraufgaben wäre einerseits so aufwendig, dass sie unpraktikabel ist, und andererseits unflexibel gegenüber veränderlichen Umgebungsbedingungen“ ergänzt Schaper. Durch die Nutzung von Daten aus der Simulation lernt die KI, präzise Manöver auszuführen und den Stapler effizient im Lager zu bewegen – auch bei ungenau platzierten Ladungsträgern oder unerwarteten Hindernissen.
Flexibilität für Brownfields: Ein neues Ziel für Automatisierung
Die heutigen Automatisierungslösungen der KION Group sind erfolgreich, aber in ihrer Anwendung insbesondere für klar definierte Aufgabenstellungen in Lagern sehr eingeschränkt. „Unsere klassischen Automatisierungslösungen sind seit vielen Jahren im Markt platziert und werden vielfältig eingesetzt, vornehmlich in exakt definierten Lagerprozessen mit strukturierten Lagerumgebungen, die wir als Greenfields bezeichnen. Wir möchten jedoch auch Kunden mit bestehenden Lagern und Prozessen, sogenannte Brownfields, ansprechen, wo Mitarbeiter und automatisierte Fahrzeuge zusammenarbeiten. Dafür benötigen wir mehr Flexibilität,“ erläutert Dr. Lukas Hindemith.
Die neue KI-basierte Technologie soll genau diese Lücke schließen. Indem sie flexibler auf die vorhandenen Strukturen und Abläufe eines bestehenden Lagers reagiert, könnte sie nicht nur in strukturierten Lagern sich stets wiederholende Transportaufgaben übernehmen, sondern auch in bereits etablierten Lagerhäusern erfolgreich eingesetzt werden. Das Ziel ist es, eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen zu ermöglichen.
Der nächste Schritt: Vom virtuellen Stapler zum realen Fahrzeug
Während Simulationen eine sichere und kontrollierte Umgebung bieten, liegt der nächste Meilenstein in der Übertragung dieser Erkenntnisse in die reale Welt – ein Prozess, der auf den bisherigen Fortschritten aufbauen wird. In diesem Schritt wird ein erfahrener Fahrer in einem eigens für dieses Projekt von STILL umgebauten FM-X Schubmaststapler sitzen, ausgestattet mit Sensoren und Kameras, um
eine KI anhand von tatsächlichen Fahrdaten zu trainieren. Dabei wird auf die Erfahrungen und die Ergebnisse der vorangegangenen Simulation aufgebaut. Dieser Übergang von der digitalen zur realen Welt wird zeigen, wie gut KI in der Lage ist, reale Herausforderungen zu meistern und auf unerwartete Situationen zu reagieren.
Der digitale Zwilling des Staplers spielt dabei weiterhin eine entscheidende Rolle. Er ermöglicht es, das Verhalten des Staplers kontinuierlich zu überwachen, indem er mithilfe von Sensoren und Softwareanwendungen Daten in Echtzeit erfasst, analysiert und visualisiert. Durch den Echtzeitaustausch von Daten können auftretende Probleme sofort erkannt und behoben werden. Diese Kombination aus Simulation und realem Einsatz ist ein wesentlicher Schritt, um die Technologie marktreif zu machen und das Vertrauen in ihre Einsatzfähigkeit zu stärken.
Ein Blick nach vorn
Nach der Entwicklung bleibt noch ein entscheidender Schritt, bevor die autonomen Stapler flächendeckend eingesetzt werden können: die Sicherheit. „Zunächst müssen die Modelle, an denen wir aktuell arbeiten, funktionsfähig gemacht werden. Der nächste Schritt ist, sie so sicher zu gestalten, dass sie in der Praxis eingesetzt werden können. Die dafür notwendigen Sicherheitszertifizierungen sind auf dem Weg,“ erklärt Dr. Johannes Hinckeldeyn, Global Research Manager at Global Technology Strategy bei der KION Group.
Durch den Einsatz von Simulationen und KI eröffnet sich ein Netzwerk an Möglichkeiten, um Prozesse künftig zu optimieren. Intelligente Stapler können mit Menschen und anderen autonomen Systemen, wie autonomen mobilen Robotern (AMRs), zusammenarbeiten und so ein nahtloses, hocheffizientes Lagerökosystem schaffen. Die fortlaufende Entwicklung dieser Technologien und deren Integration in bestehende Systeme verspricht eine Zukunft, in der sich Lagerprozesse selbstständig organisieren und optimieren.
Diese Vision erfordert Kreativität, kontinuierliche Entwicklung und die enge Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden, um Lösungen zu entwickeln, die den realen Bedürfnissen der Industrie entsprechen. Aktuell liegt der Fokus darauf, in den nächsten Jahren autonome Stapler zu entwickeln, die in realen Lagerumgebungen eingesetzt werden können.