Voraussetzungen für eine Patentanmeldung
Damit eine Innovation Früchte tragen kann, stellt die KION Group mit den internen Prozessen ihrer Patentstrategie die richtigen Rahmenbedingungen her, um potenziell schützenswerte Erfindungen zu identifizieren und zu fördern. „Zunächst nimmt die Patentabteilung alle Erfindungsmeldungen konzernweit entgegen. Im nächsten Schritt entscheidet ein Patent-Komitee, ob die Voraussetzungen für einen Patentantrag gegeben sind“, erklärt Dr. Joachim Tödter, Senior Director Technology & Innovation und Mitglied des Patentrats der KION Marken STILL, Linde Material Handling und Dematic. Bei STILL hat er den Patentbereich mehrere Jahre lang selbst verantwortet. Tödter weiß: Die Liste dieser Voraussetzungen ist lang, lässt sich aber im Wesentlichen auf die gewerbliche Anwendbarkeit und den praktischen Nutzwert für KION herunterbrechen. „Es hat seinen Grund, weshalb beispielsweise niemand ein Perpetuum Mobile patentieren kann – es ist technisch nicht umsetzbar, weil es die physikalischen Grundsätze verletzt“, erläutert Joachim Tödter.
Eine weitere Voraussetzung ist die Neuheitsprüfung, die sicherstellt, dass es zu der jeweiligen Technologie bislang tatsächlich keine Veröffentlichungen technischer oder wissenschaftlicher Art gibt. Daran knüpft sich die Prüfung der sogenannten Erfindungshöhe an: ist ein Antrag „erfinderisch“ genug? Sind alle Voraussetzungen erfüllt, folgt auf Basis der Entscheidung des Patent-Komitees die finale Phase: „Nun entwirft der zuständige Patentanwalt eine Patentanmeldung und bleibt dabei im engen Austausch mit dem Erfinder oder dem zuständigen Team, um einen möglichst breiten wie auch tiefen Patentschutz zu realisieren“, erklärt Joachim Tödter. Nach abschließender Prüfung wird die Anmeldung offiziell beim örtlichen Amt eingereicht – und aus der Idee wird ggf. ein marktrelevantes Patent. Doch eine Frage bleibt: Woher kommen diese Ideen überhaupt?
Kundenbeziehungen als Impulsgeber
Um diese Frage zu beantworten, muss ein ganzheitlicher Blick auf den Konzern her. Als Technologieführer unterstützt KION die frühzeitige und rechtzeitige Einreichung von Erfindungsmeldungen – und zwar von allen Seiten. Projektverantwortliche im Bereich Forschung & Entwicklung (CTO, aber auch Produkt- und Projektmanager sowie Mitglieder von Global Business Solutions) sind aufgefordert, mögliche Erfindungen noch während der Entwicklungsphase zu identifizieren und an die Patentabteilung zu melden.
Die Entstehung von Patenten ist also nicht nur den Entwicklungs- und Innovationsabteilungen vorbehalten. Oft ist der Vertrieb die treibende Kraft hinter visionären Ideen. „Im Kundenkontakt entstehen häufig Patentideen – sogenannte Business Solutions. Denen liegt eine Bedürfnisanalyse zugrunde, die dann von den Erfindern formalisiert und im Anschluss intern bewertet wird“, sagt Volker Gaber, Patent Manager bei Dematic. Dann wird die neue Technologie erprobt – und zwar in ganz konkreten Anwendungsfällen bzw. Testszenarien. Besteht Verbesserungsbedarf, wird sie weiterentwickelt und verfeinert. „Die Erfindung nimmt sozusagen Gestalt an und wird gegebenenfalls durch zusätzliche Detail- und Verbesserungspatente ergänzt“, so der Patentexperte von Dematic.
Durch Patente zum Wettbewerbsvorteil
Für ein Unternehmen ist jedes gesicherte Patent ein probates Mittel, um sich in einem heiß umkämpften Marktumfeld einen Vorteil zu verschaffen. Die Patentstrategie der KION Group umfasst deshalb auch eine offensive Komponente: Marktanteile sollen gesichert und Wettbewerbern streitig gemacht werden. „Wir wollen White Spots besetzen – und arbeiten mit Hochdruck daran, diese zu identifizieren und möglichst zu besetzen“, sagt Joachim Tödter. Als White Spots bezeichnet man erfolgsrelevante Unternehmens- und Markenpositionen, die noch unbesetzt sind, aber großes Innovationspotenzial aufweisen.
Patente fungieren gewissermaßen als Eintrittskarte für solche Märkte. Hier kommen auch Kreuzlizensierungen ins Spiel – Abkommen, die es Unternehmen erlauben, Patente eines anderen zu nutzen. Noch wichtiger sind Sperrpatente: Sie verhindern Dritten den Einstieg in ein bestimmtes Marktsegment. So wird ein Handlungsspielraum geschaffen, der es erlaubt, sich führend in einem Segment zu positionieren. „Die Konkurrenz schläft nicht. Einsprüche und Klagen gegen Sperrpatente sind ein bewährtes Mittel, um die Besetzung der White Spots zu umgehen“, weiß Tödter. Die Lösung: Sogenannte Patentcluster, die Umgehungen zuvorkommen und zukünftige Entwicklungen vorausschauend abdecken. „Die Welt der Patente ist alles andere als trocken, sondern ein zutiefst dynamisches und auch ein konfliktreiches Umfeld“, sagt Volker Gaber.