„Erst formen wir unsere Gebäude, dann formen sie uns“, lautet ein geflügelter Satz unter Architekten, der ursprünglich vom britische Premier Winston Churchill stammt. Man könnte das ausweiten auf: Erst formen wir unsere Städte, dann formen sie uns. Denn wie sich die Städte entwickelt haben, hat mittlerweile ersichtlich Auswirkungen auf jeden einzelnen.
Um die 60er Jahre herum kam in zahlreichen industrialisierten Staaten die Idee auf, Arbeiten und Wohnen räumlich getrennt zu halten. Das hatte auf den ersten Blick einiges für sich: Industrie, aber auch der Anlieferungsverkehr für den Einzelhandel sorgen für Lärm, schlechte Luft und geringere Lebensqualität als in einem reinen Wohnviertel. Allerdings bringt die räumliche Trennung auch ihre eigenen Probleme mit sich: Sie verstärkt die Pendel-Bewegungen zahlreicher Menschen zwischen Arbeitsplatz und Wohnung. Ein Phänomen wie die „Rush-Hour“ kann es ja nur geben, weil viele Menschen zur selben Zeit quer durch die Stadt unterwegs sind.
272 Stunden pro Jahr im Stau
Der jährlich erscheinende „Inrix Global Traffic Scorecard“-Report listete in seiner jüngsten Ausgabe weltweit Rekordwerte bei Verkehrsstaus in Städten auf: Im kolumbianischen Bogota steht demnach jeder Bewohner durchschnittlich 272 Stunden pro Jahr im Stau, in Rom sind es 254 Stunden, in Paris 237, in Berlin oder Boston immerhin noch über 150 Stunden. Lebenszeit, die Menschen wartend zwischen Stoßstangen verbringen.
Die Liste derjenigen, die zu diesem Verkehrsaufkommen beitragen, ist lang geworden: Neben Bürgern auf dem Weg zur Arbeit sind da auch zahlreiche Lieferdienste. In Deutschland hat sich der Umsatz der Kurier-, Express- und Paketdienste in nur 15 Jahren etwa verdoppelt. Rund 20 Pakete bekommt heute ein Einwohner in Deutschland, aber auch in Großbritannien oder den USA pro Jahr zugestellt – in China sind es sogar 70 Pakete pro Person. Einer der Gründe ist vor allem der stetig wachsende Onlinehandel. Einer der Megatrends, von dem ja auch die KION Group profitiert, weil damit einhergehend Warenlager und Versorgungsketten noch mehr Bedeutung erhalten.
Waren es 2015 weltweit beachtliche acht Prozent Wachstum für den Onlinehandel sind es heute bereits knapp 20 Prozent – und noch schnelleres Wachstum wird prognostiziert. Der Onlinehandel wird künftig sein Sortiment sogar noch erweitern – zum Beispiel den Bereich Lebensmittel ausbauen. Was dabei allerdings oft vergessen wird: Paketzusteller machen tatsächlich nur einen Teil des Lieferverkehrs aus. „Paketdienstunternehmen haben bei weitem die größte mediale Aufmerksamkeit“, sagt Markus Schmermund, Vice President Automation & Intralogistics Solutions bei Linde Material Handling. „Aber eigentlich reflektieren sie nur 20 Prozent der Verursacher.“