Der typische Einkaufskorb ist kleiner geworden
Ein einzelnes, großes Lager weit entfernt aber reicht auch nicht, denn die Kunden haben sich heutzutage daran gewöhnt, ihre Bestellung schnell zu erhalten, oder sich per „Click and collect“ noch vom Büro aus das Abendessen zusammenzustellen und auf dem Nachhauseweg abzuholen. „Der typische Warenkorb pro Einkauf ist kleiner und individueller geworden“, sagt Dale. Diese Gleichzeitigkeit der Trends wird zur Herausforderung für den Einzelhandel. Benötigt würde eine Art „unendliches Regal“. Wörtlich genommen ein Ding der Unmöglichkeit. Im übertragenen Sinn aber vielleicht die Zukunft.
Eine der Lösungen, die sich anbieten, sind die sogenannten Micro-Fulfillment-Center: kleine, automatisierte Lager, die wenig Platz benötigen. Genauer gesagt etwa ein Zehntel eines Fußballfelds. Klein genug, um in die hinteren Räume eines Supermarkts zu passen. Oder sich, platzsparend und elegant, direkt in die Nachbarschaft zwischen Wohnhäuser zu setzen. „Überall in der Innenstadt oder in den Vororten“, sagt Dale. „Entscheidend ist, dass das Inventar näher an den Kunden rückt.“ Nicht in Form eines einzelnen Mikro-Lagers – sondern in Form eines gesamten Netzwerks an Lagern. „Der Schlüssel ist nicht das Lager im Geschäft“, betont Dale, „sondern die Vernetzung von allem. Das gesamte urbane Ökosystem.“ Logistik innerhalb der Stadt wäre dadurch zielgerichtet, mit insgesamt kürzeren Wegen, vor allem aber gestaffelt, je nach Bedarf und Anlass: Je häufiger ein Produkt nachgefragt ist, desto näher liegt es bereit.
Alle wichtigen Produkte auf kompaktem Raum
Das allerdings klingt in der Theorie leichter, als es sich praktisch immer umsetzen lässt: Wie exakt und zeitgenau Nachschub und Organisation funktionieren müssen, war im Frühling 2020 fast weltweit zu beobachten, als die unerwartete Pandemie zu ebenso unerwartetem Einkaufsverhalten führte: Plötzlich standen die Kunden in Europa, Asien und Amerika vor leeren Regalen, weil Produkte, die ansonsten in kleinen Mengen über einen Monat hinweg verteilt gekauft wurden, Massenabsatz erfuhren – wie Klopapier, Mehl und Seife. Unternehmen und Politiker betonten prompt, es gebe überhaupt keinen Mangel an Waren – sie seien nur gerade nicht dort, wo die Kunden sie kaufen wollen, nämlich im Laden vor Ort. Sondern stattdessen etwa im Distributionszentrum. Es war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie eng getaktet Lieferketten heutzutage funktionieren, und wie fragil sie bei unerwarteten Ereignissen wie einer Pandemie sein können. Und wie wichtig das Zusammenspiel verschiedener Lager im urbanen Ökosystem der Logistik ist.