Früher waren die zentralen Werkzeuge der Lagerverwaltung ein Karteikasten – und ein riesiger Papierstapel. „Den ganzen Tag sind Menschen durch das Lager gelaufen oder gefahren, mit Papieren in der Hand, und haben die verschiedensten Aufgaben per Zuruf erledigt, oder anhand von Transport- und Kommissionierlisten“, beschreibt es Peter Golz, Senior Director Intralogistics Software Development bei Dematic. Dann kam das Zeitalter der Software. Heute haben Lagerverwalter Daten in Echtzeit zur Verfügung. Manager können nicht nur sehen, was wo verfügbar ist und was ansteht, sie können auch nachvollziehen, welche Fahrzeuge wo entlangfahren.
„Die Digitalisierung hat dafür gesorgt, dass ich mein Lager ganz genau nach gewissen Parametern steuern kann“, sagt Maik Manthey, Senior Vice President Digital Business der KION Group. „Geht es mir um Durchsatz? Um Zeit? Um Kosten? Oder will ich besonders prozessstabil sein?“ Simulationen und Analysen ermöglichen heutzutage, bestimmte Bereiche speziell zu optimieren. Das bedeutet auch, im Zweifelsfall andere Ziele herunterzuschrauben, um ein Hauptziel effizienter durchzusetzen. „Wir sammeln Daten, wir werten Daten aus und leiten daraus Handlungsempfehlungen ab“, sagt Manthey.
„Das Lager ist nicht ordentlich, nur weil dort ein Schild steht“
Aber wie weit ist das für den urbanen Raum nutzbar? Schließlich kommt hier einer der zentralsten Unterschiede zwischen Stadt und Warenlager ins Spiel: Das Lager funktioniert nach vergleichsweise strengen Regeln, die Stadt hingegen ist chaotisch, die Verkehrsteilnehmer kaum vorhersehbar. Klingt einleuchtend, stimmt so allerdings nicht, wirft Maik Manthey ein: „Glauben Sie nicht, dass das Lager immer ordentlich ist, nur weil da ein Schild steht, dass hier keine Bretter abgeladen werden dürfen.“ Auch im Warenlager bewegen sich Menschen, wo sie eigentlich nicht sein sollten, parkt ein Fahrzeug an der falschen Stelle oder steht eine Palette nicht am korrekten Ort. Ein Lager, das möglichst automatisiert und autonom arbeiten will, muss mit solchen Störungen umgehen können, sonst wäre fortlaufend menschlicher Eingriff nötig.
„Es kommt bei der Software weniger darauf an, die Aufgabe zu trainieren, als die Störfälle“, formuliert es Manthey. „Und da braucht es positive Aktionen. Nicht: Ich stoppe – sondern wie umfahre ich die Situation?“ Autonome Lagerfahrzeuge werden deswegen mit Daten gefüttert, die ihnen erlauben, Situationen einzuschätzen. Ein Fahrzeug wie der iGo neo von STILL kann schon heute Paletten, Menschen oder Schilder erkennen und entsprechend handeln. Mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz wird fahrerlosen Transportsystemen beigebracht, vorausschauend zu reagieren. Im Grundsatz sind das dieselben Herausforderungen, vor denen auch Stadtverkehr steht – nämlich Menschen, andere Fahrzeuge und Hindernisse.