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Mitarbeitende mit ungewöhnlichen Hobbies: Jaime Gener schwimmt durch Meerengen

Mehrere Kilometer gegen Meeresströmungen schwimmen – das kann im Grunde jeder, ist Jaime Gener überzeugt. Der 62-jährige Mitarbeiter der KION Tochter Linde Material Handling hat ein ungewöhnliches Hobby: Freiwasserschwimmer. Er erklärt, warum es im Meer vor allem auf Technik ankommt, und wie wichtig ein Team sein kann.

2022-09-22

Drei Männer schwimmen auf eine steile Felsenwand zu. Die Wand sieht vergleichsweise unspektakulär aus, aber als die Schwimmer sie erreichen, sind die Gefühle jedes einzelnen schwer zu beschreiben. Fünf Stunden haben sie gebraucht, um diese Felswand zu erreichen, auf der afrikanischen Seite der Straße von Gibraltar. Jaime Gener, Managing Director der KION Tochter Linde Material Handling Spanien und seine zwei Teamkollegen sind etwa 24 Kilometer durch das Meer geschwommen. Gener ist zu diesem Zeitpunkt 55 Jahre alt, etwa sechs Jahre zuvor hat er überhaupt wieder begonnen, zu schwimmen. „Um mich fit zu halten“, sagt er. Dann fragte ihn sein Trainer eines Tages: „Wie wäre es mit Langstrecke? Wollt ihr durch die Straße von Gibraltar schwimmen?“

Langstrecken- oder Freiwasserschwimmen ist eine ganz eigene Form des Schwimmsports. Man liefert sich den Wellen, dem Wind und den Elementen aus – und wie lange sie unterwegs sein werden, können die Schwimmer im Vorfeld nur ungefähr schätzen – dazu sind zu viele Faktoren ungewiss. Und trotzdem oder gerade deswegen sei es etwas ganz Besonderes: „Wenn ich im Pool trainiere, wird mir nach vier oder fünf Kilometern ja langweilig“, sagt Gener. „Im Meer fällt alles von dir ab, die Müdigkeit, die Schmerzen. Du schwimmst einfach. Manchmal fühle ich mich, als würde ich am Himmel schweben.“

Jaime Gener schwamm rund 24 Kilometer durch die Meerenge von Gibraltar.

Schwimmen: Im Winter trainieren kostet Überwindung

In seiner Jugend wuchs Gener in der Nähe eines Sees auf, als Kind war er früh begeisterter Schwimmer, aber irgendwann wandte er sich anderen Sportarten zu. Inline-Hockey, Skifahren, Fußball. Erst mit 48 Jahren fängt er wieder an. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits Managing Director bei Linde Material Handling. Wenn er für das große Ziel der Meeresenge trainieren will, braucht es Disziplin: Um 6 Uhr morgens steigt er jeden Tag in den Pool, um 7:45 Uhr sitzt er am Schreibtisch. Auch im Winter. „Barcelona im Winter ist wärmer als viele andere Orte – aber es kostet trotzdem Überwindung, bei sechs Grad Außentemperatur ins Wasser zu gehen“, beschreibt er.

Aber er hat keine Wahl, wenn er wirklich die Meerenge durchschwimmen will: das Training ist entscheidend. Anfangs hätten ihn Kolleginnen und Kollegen häufig scherzhaft gefragt, wie verrückt er eigentlich sei, so etwas zu versuchen. „Dabei ist nichts davon verrückt, es ist auch gar nicht so beeindruckend wie manche glauben.“ Gener ist überzeugt, dass prinzipiell jeder diese 24 Kilometer schwimmen könne: „Du brauchst Training, du brauchst die Entschlossenheit und Disziplin“, sagt er. „Vielleicht müssen manche länger trainieren, andere schwimmen eben langsamer – aber wir alle können mehr erreichen als wir oft glauben.“ Im Meer sei weniger die Kraft als die Technik entscheidend. „Gute Schwimmtechnik bedeutet, effizient und kräftesparend zu schwimmen, und darauf kommt es an.“

Langstreckenschwimmen im offenen Meer ist nur mit einem eingespielten Team möglich, sagt Jaime Gener.

„Das Team ist alles“ - im Job und beim Langstreckenschwimmen im offenen Meer

Tatsächlich könne man viele der Erkenntnisse aus dem Schwimmen auch auf die Arbeitswelt übertragen, erklärt Gener. „Das Team ist alles“, sagt er – und meint damit sowohl seine Schwimmkollegen, als auch das Linde Material Handling Team in Spanien. Gener begann seine KION Group Karriere als Niederlassungsleiter bei Linde MH, seit 2012 ist er Managing Director für Spanien. Die Logistik-Branche habe sich in den vergangenen Jahrzehnten komplett geändert, sagt er: „Früher haben wir Stapler verkauft, heute geht es wirklich um umfassende Lösungen für die Kunden.“ Das spanische Team sei großartig, und das merke man auch an dem positiven Kundenfeedback.

Weder beruflich noch im Wasser ist Gener ein Einzelkämpfer. Ihm gefällt am gemeinsamen Schwimmen besonders, dass man für einander da ist und sich gegenseitig unterstützt: „Man kann zum Beispiel im Windschatten des anderen schwimmen“, erklärt er. „Ähnlich wie das im Radsport der Fall ist. Wer vorausschwimmt, durchbricht die Strömung, das hilft den Folgenden, wenn sie dicht dahinter sind.“ Die starke Strömung im Meer kann bedeuten, dass man gefühlt gar nicht vorankommt, zumal ohnehin jegliche Referenzpunkte für das Auge fehlen. Bei der Durchquerung der Straße von Gibraltar brauchte es entsprechend Willenskraft: „Die ersten acht Kilometer waren besonders hart, das war nur gegen die Strömung“, berichtet Gener.

Jaime Gener kann sich im offenen Meer auf sein Freiwasserschwimmteam verlassen.

Langstreckenschwimmen im Meer: Sorgfältige Vorbereitung und Selbstvertrauen sind gefragt

Auch das sei eine der Lehren, die sich auf den Beruf übertragen ließen: Manchmal glaube man allzu leicht, mit einer Situation fertig werden zu können, weil sie einer früheren ähnele: „Aber dann stellst du fest, dass du deine Hausaufgaben nicht gemacht hast. Ohne Vorbereitung erreichst du deine Ziele nicht.“ So sei es auch auf hoher See. Die Natur lasse sich nicht exakt voraussagen. Und wer mehrere Stunden unterwegs sei, könne auch nicht sicher sein, ob unterwegs ein Unwetter aufzieht. „Das ist dann wirklich gefährlich“, sagt Gener. „Menschen fragen mich oft, ob ich Angst vor Haien hätte – ich bin nie einem Hai begegnet, aber Blitze wären lebensgefährlich.“ In diesem Fall würde das begleitende Beiboot die Schwimmer aus dem Wasser holen. Auch das Boot ist Teil des Teams, etwa alle 45 Minuten versorgen sich die Schwimmer mit Flüssignahrung. „Sich mal kurz festhalten ist allerdings verboten“, erläutert Gener.

Probleme auf dem Weg nach Capri

Der 62-Jährige trainiert immer noch zwei- bis dreimal die Woche, ein neues Ziel gibt es allerdings nicht. Nachdem er die Straße von Gibraltar durchquert hatte, meisterte er noch ein paar Strecken. Zum Beispiel zur kanarischen Insel El Hierro oder 40 Kilometer im Golf von Neapel nach Capri. Insbesondere bei der Strecke nach Capri aber habe das veränderte Team nicht funktioniert. „Das war sehr kompliziert, wir hatten nicht denselben Rhythmus“, sagt Gener. Ein Beweis, wie wichtig der Teamzusammenhalt für wichtige Projekte sei. Er würde gerne das alte Team überzeugen, wieder gemeinsam zu schwimmen. Bis dahin hält er sich allein fit. „Das geht hier an der Costa Brava zum Glück sehr gut, es gibt eigens ausgewiesene Bereiche für Langstreckenschwimmer.“

Freiwasserschwimmen

Im Sportreglement ist Freiwasserschwimmen eine Disziplin mit mindestens fünf Kilometern Länge. Eine eigene Kategorie ist das Durchschwimmen von Meerengen. Hier gibt es mit den „Ocean’s Seven“ sogar eine eigene Herausforderung, in der sieben Meerengen auf fünf verschiedenen Kontinenten bezwungen werden müssen. Das haben allerdings erst 21 Personen weltweit geschafft.