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Die KION Tochter Dematic geht mit Cradle to Cradle®-Ansatz wichtige Schritte in Richtung Kreislaufwirtschaft

Produktdesign in der Industrie ist seit jeher eine anspruchsvolle Aufgabe. Doch in den vergangenen Jahren legt eine neue Anforderung die Messlatte noch ein ganz entscheidendes Stück höher: nämlich die dringende Notwendigkeit, die Auswirkungen des Produkts auf Natur und Umwelt so gering wie möglich zu halten. Mit der Green Deal Agenda und dem Circular Economy Action Plan hat die Europäische Union bereits mehrere Maßnahmen angekündigt, mit denen bis 2050 im großen Maßstab Klimaneutralität erreicht werden soll. Das KION Tochterunternehmen Dematic geht einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren, klimaschonenderen Zukunft, indem es seine Produkte nach dem Cradle-to-Cradle-Ansatz im Hinblick auf Materialsicherheit und Recyclingfähigkeit im Sinne einer Kreislaufwirtschaft überdenkt.

Bildnachweis: Braungard/McDonough; © EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer

2022-08-10

In der Natur gibt es keine Abfälle. Alles wird wiederverwertet und in neue Kreisläufe integriert: Ein Kirschbaum zum Beispiel produziert Hunderttausende von Blüten und trägt nur relativ wenige Früchte, wie Prof. Dr. Michael Braungart, Gründer und wissenschaftlicher Geschäftsführer der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH, erklärt. Doch der Überschuss an organischem Material fällt zu Boden und liefert hier wichtige Nährstoffe für weitere Kreislaufteilnehmer – von Mikroorganismen und Insekten über Pilze bis hin zu Moosen und Gräsern. Alles wird verbraucht, nichts wird verschwendet. Ziel ist es, die Prinzipien der Natur mit Hilfe des C2C-Konzepts auf industrielle Prozesse, Produkte und Gebäude anzuwenden und so Produkte zu entwickeln, die wirklich für eine Kreislaufwirtschaft geeignet sind. Die Innovationsabteilung der KION Tochter Dematic befasst sich mit diesem C2C-Ansatz bereits seit 2021. Susanna Felker, Concepting Engineer Innovation und Projektverantwortliche bei Dematic, weiß: „Durch die Berücksichtigung von C2C im Produktdesign lassen sich viele Differenzierungsmöglichkeiten und jede Menge Innovationspotential schaffen.“

Die Natur als Vorbild: Das Cradle-to-Cradle-Prinzip

Cradle to Cradle® ist ein Designprinzip, das in den 1990er Jahren von Prof. Dr. Michael Braungart, William McDonough und der EPEA (Environmental Protection Encouragement Agency) Hamburg entwickelt wurde. Es steht für Innovation, Qualität und gutes Design. Übersetzt heißt es „Von der Wiege zur Wiege“ und beschreibt die sichere und potenziell unendliche Zirkulation von Materialien und Nährstoffen in Kreisläufen. Alle Bestandteile sind chemisch unbedenklich und recycelbar. Müll im heutigen Sinne, wie er durch das bisherige „Take-Make-Waste“-Modell entsteht, gibt es nach diesem Modell nicht mehr, sondern nur noch nutzbare Nährstoffe.

Von der Linie zum Kreis: Ganzheitliches Denken für eine nachhaltige Zukunft

In der Innovationsabteilung von Dematic werden visionäre Ideen verfolgt – nicht nur für neue Produkte, sondern auch für mehr Nachhaltigkeit im Produktdesign. Susanne Felker erklärt, wie die Cradle-to-Cradle-Prinzipien funktionieren und wie es auf die Dematic-Produkte angewendet werden kann: „Cradle to Cradle unterteilt alle Materialien in zwei Kreisläufe: einen biologischen und einen technischen Kreislauf. Materialien wie Naturfasern und biologische Verpackungen gehören in den biologischen Kreislauf. Das bedeutet auch, dass alle Verbrauchsprodukte wie Reinigungsmittel oder Baumwolltextilien für den biologischen Kreislauf ausgelegt sein müssen, damit sie nach ihrer Nutzungsphase sicher in das Nährstoffsystem der Natur zurückgeführt werden können. Technische Produkte hingegen – wie z. B. Lagerautomationssysteme – können aus langlebigen Materialien wie Metallen und bestimmten Kunststoffen hergestellt werden, die endlos im technischen Kreislauf zirkulieren können.“

Natürlich wurden die Materialien für die Produkte bei Dematic schon immer umweltrichtlinienkonform ausgesucht und werden zukünftig vermehrt im Rahmen eines sogenannten „Lifecycle-Assessments“ (Lebenszyklus-Analyse) hinsichtlich ihrer Umwelteinwirkungen bewertet. Das Lifecycle-Assessment bestimmt die Summe der Umweltauswirkungen der Produktion entlang aller Lebenszyklusphasen von der Herstellung über die Nutzungsphase bis hin zu der Entsorgung des Produktes sowie die damit verbundenen vor- und nachgeschalteten Prozesse. Die erhaltenen Daten aus einem Lifecycle-Assessment bilden die Basis, um Optimierungsschritte einzuleiten und können dem C2C-Ansatz als eine gute Grundlage für die Entwicklung neuer Produkte dienen. „Wenn wir unsere Produkte bereits im Entwicklungsprozess als Ressourcen für ein nachfolgendes Produktleben begreifen, dann können wir die Produkte so designen, dass die verwendeten Materialien am Ende des Produktlebenszyklus im technischen Kreislauf verbleiben und als Ressource für neue Produkte bereitstehen. Und genau das ist das Umdenken, das wir mit unserem Cradle-to-Cradle-Projekt anstoßen wollen“, so Felker.

Rund 400 unterschiedliche Komponenten stecken im Dematic Multishuttle. Sind die zum Einsatz kommenden Rohstoffe recycelbar?

Erster Kandidat für das C2C Experiment: das Dematic Multishuttle

Dass das Projekt bei Dematic einen hohen Stellenwert einnimmt, sieht man am ersten Produkt, das unter den strengen Kriterien von Cradle to Cradle® auf den Prüfstand kommt: das Dematic Multishuttle, eine der meistverkauften Lösungen des Automatisierungsanbieters. „Rund 400 unterschiedliche Komponenten stecken im Dematic Multishuttle“, erklärt Felker. Jede einzelne muss nun genau unter die Lupe genommen werden: Sind die zum Einsatz kommenden Rohstoffe recycelbar, gibt es gesündere Alternativen? „Um diese Frage zu beantworten, haben wir damit begonnen, die von uns verwendeten Materialien zu analysieren, um sie aus C2C-Sicht auf Materialgesundheit zu prüfen, ob sie bei ihrer Beschaffung ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellen, und um die Wiederverwertbarkeit der Materialien zu ermitteln.

Generell gilt: Je reiner die verwendeten Materialien sind oder je einfacher sie sich voneinander trennen lassen, desto besser eignen sie sich für eine Wiederverwendung. Deswegen müssen insbesondere Materialgemische besondere Aufmerksamkeit erfahren (z. B. eine Unterbaugruppe mit mehreren zusammengeklebten Teilen). Neben der Reinheit steht auch die Vereinheitlichung der Materialien auf dem Prüfplan: Denn je weniger Materialien in Summe verbaut werden, desto weniger Aufwand bereitet später die Rückführung der Materialien in neue Kreisläufe. „Unsere Analyse wird noch Zeit in Anspruch nehmen. Für die Mehrzahl der verwendeten Metalle konnten wir aber bereits feststellen, dass sie grundsätzlich für den Cradle-to-Cradle-Ansatz geeignet sind. Bei den übrigen Materialien wird aktuell untersucht, ob die eingesetzten Materialien ebenfalls unkritisch sind oder ob gegebenenfalls Substitute, also Ersatzstoffe, gefunden werden müssen. Hierzu sind wir gerade im engen Austausch mit unseren Lieferanten“, so die Zwischenbilanz von Susanna Felker.

Klimaneutralität bis 2050: Der New Green Deal und Circular Economy Action Plan der EU

Im Rahmen des „New Green Deal“ haben sich die 27 EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Europäische Union bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Sie vereinbarten hierzu, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Verankert sind diese Ziele im Europäischen Klimagesetz, das am 4. März 2020 gemeinsam mit dem zweiten „Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft“ vorgestellt wurde. Er geht weit über Abfallwirtschaft hinaus setzt und am Anfang der Produktionskette an: beim Design von Produkten. Dieses soll Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Upgrade-Möglichkeiten und zuletzt auch Recycling von Rohstoffen ermöglichen.

Erste Etappenziele auf dem Weg in eine zirkuläre Zukunft

Ob man das Multishuttle in naher Zukunft komplett nach der Cradle-to-Cradle-Philosophie bauen können wird? „Diese Frage können wir im Moment noch nicht zuverlässig beantworten“, lautet die Antwort von Felker. Aber eins stehe jetzt schon fest: „Wenn wir uns die Denkweise von Cradle to Cradle® zu eigen machen, können wir eine deutliche Verbesserung der Kreislauffähigkeit erzielen.“ Die Innovationsabteilung hat im Laufe des Prozesses bereits erste Erkenntnisse gesammelt. So hat man sich bei der Materialanalyse schon sehr früh auf die PVC-Etiketten der Dematic Multishuttles konzentriert. PVC hat sehr schlechte Recyclingeigenschaften, so dass sie bereits nach einer Alternative suchen. Wenn sie erfolgreich ist, wird sie diese Alternative für alle Produkte verwenden. Auch wenn der Prozess noch einen langen Weg vor sich hat, ist das langfristige Ziel von C2C klar: Minimierung negativer Umweltauswirkungen und Entwicklung hin zu einer positiven Wirkung in allen Kategorien – Menschen, Planet und Profit. Diese neue Denkweise schlägt definitiv Wurzeln in der Innovationsabteilung von Dematic.